Beide
zeigten mir ihrerseits unaufgefordert sehr offiziell aussehende Dokumente, aber ich
war skeptisch. „Wie bitte? Ich habe keinen Organspenderausweis. Und seit wann
muss man die vorzeigen?“
„Das ist
jetzt leider ganz schlecht für Sie. Seit Mitternacht ist ein Gesetz in Kraft,
das die Organspende neu regelt. Wer keinen Organspenderausweis vorweisen kann,
darf ab sofort jederzeit und ohne Einwilligung auch für eine Lebendspende
herangezogen werden.“
Mir wurde
leicht schwindlig. „Davon hätte ich gehört.“
„Man kann
nicht alles mitkriegen. Es werden auch keine Organe entnommen, die man zum
Überleben braucht. Vermute ich jedenfalls. Wie auch immer, man benötigt
dringend Nieren. Keine Angst, Sie müssen sich nur von einer trennen. Bitte
kommen Sie mit.“
Mir wurde
richtig schwindlig und auch übel. „Das können Sie nicht … wer ist eigentlich
‚man‘ … und überhaupt, woher wissen Sie, dass ausgerechnet meine Nieren für den
Empfänger geeignet sind?“ Ich wäre wohl besser weggerannt, statt zu
diskutieren, aber mir waren Kraft und Geistesgegenwart restlos
abhandengekommen.
Die Herren
packten mich resolut an beiden Armen. Widerstand schien sinnlos. „Es gibt so
viele mögliche Empfänger, die verzweifelt auf eine Niere warten, da wird Ihre
schon irgendwo passen. Und jetzt kommen Sie bitte. Wenn Sie möchten, können Sie
im Krankenhaus nach der Operation ein Telefongespräch führen.“
Das
Klingeln des Telefons weckte mich. Nein, es war die Haustürklingel. Ich war
schweißgebadet. Warum wacht man bei schönen Träumen ausnahmslos sofort auf,
aber bei Albträumen gibt es nie ein schnelles Entrinnen? Egal, ich hatte es
überstanden. In diesem Moment, als der Traum noch so frisch in meinem Hirn
rumgeisterte, spürte ich irrationalerweise Dankbarkeit für meinen
Organspenderausweis und die Tatsache, dass ich sogar offiziell in der Organspenderdatei
registriert war. Eine Entscheidung, über die ich seinerzeit lange nachgedacht
hatte.
Als ich meine Haustür öffnete, sah ich zwei uniformierte Herren mit
Dienstausweisen in der Hand. „Guten Morgen, wir kommen von der
Organspenderpolizei. Sie sind ja als potentieller Organspender registriert …“
Jetzt war ich sogar noch dankbarer. Sogar glücklich. Vor lauter Euphorie unterbrach ich den Organspenderpolizisten, der das Wort an mich gerichtet hatte. „Ja, das bin
ich, und zwar aus voller Überzeugung.“
„Sehr gut.
Wie Sie vielleicht wissen, ist seit Mitternacht ein Gesetz in Kraft, das die
Organspende neu regelt. Wer als Organspender registriert ist, darf ab sofort
jederzeit und ohne Einwilligung auch für eine Lebendspende herangezogen werden.
Bitte kommen Sie mit.“