Mittwoch, 25. Oktober 2017

Kuscheltiere

Eins vorweg: Ich mag Kuscheltiere. Eine Kindheit ohne Kuscheltiere ist möglich, aber grausam. Einige der Kuscheltiere aus meiner Kindheit besitze ich sogar noch, weil ich es nicht übers Herz gebracht habe, sie auszusortieren; die fristen jetzt zwar ihr Dasein irgendwo weggepackt in irgendeiner Ecke meiner Wohnung, was ja für ein Kuscheltier auch nicht schön sein kann, aber immerhin. Und wenn ich in die Situation komme, ein Geschenk für neugeborene Kinder kaufen zu müssen, nehme ich ausnahmslos Kuscheltiere. Da denke ich noch nicht mal groß drüber nach. Ich weiß, dass jedes Kind aus anderen Quellen weitere zehn Milliarden Kuscheltiere bekommt, dass die Eltern mich wegen des 10.000.000.001. Kuscheltieres hassen werden und sich über ein anderes Geschenk (eher praktischer Natur wie Windeln und damit kein Geschenk für das Kind) viel mehr freuen würden. Das ist mir aber egal. Das ist dann das Problem der Eltern. Ich habe noch nicht vergessen, dass man als Kind gar nicht genug Kuscheltiere haben kann.

Was aber, und jetzt kommen wir endlich zum eigentlichen Posting, die ersten von Ihnen werden schon eingenickt sein, bewegt unbeteiligte Menschen dazu, am Schauplatz eines Mordes oder Unglücks bzw. an anderer geeigneter Stelle, die damit in Verbindung steht, Kuscheltiere abzulegen? Es handelt sich dabei natürlich um Ereignisse mit starker emotionaler Wirkung, sei es wegen der Art und Menge der Opfer, sei es wegen der Symbolkraft von Mord oder Unglück. Jeder kennt die Bilder aus der Presse. Nichts hat die Kuscheltierbranche nachhaltiger saniert als seinerzeit der Tod von Lady Diana. Nach einem Attentat mit vielen Opfern dauert es nie lange, bis die ersten Attentatstouristen mit Kuscheltieren vor Ort sind. Manchmal reicht schon der Mord an einem Kind, der in der Presse ausgeschlachtet wird, um in kurzer Zeit Kuscheltierberge entstehen zu lassen.

Weder bin ich herzlos noch unfähig zu Empathie, aber ich verstehe diesen Missbrauch von Kuscheltieren nicht. In den wenigsten Fällen, das liegt auf der Hand, werden die Kuscheltierableger einen persönlichen Bezug zu den Opfern haben. Ja, es lässt einen normalerweise nicht kalt, wenn ein Promi wie auch immer ablebt oder, mehr noch, wenn ein Kind in der Nachbarschaft zu Tode kommt oder ein Attentäter einen Anschlag mit vielen Toten verübt. Aber muss man deshalb gleich ein Kuscheltier niederlegen? Echte Trauer kann der Grund nicht sein. Ist es vielmehr der Wunsch, endlich mal bei einem besonderen Ereignis dabeizusein, wie auch immer? Ist es im Falle von verstorbenen Promis der Wunsch, kurz und indirekt zum Teil der Glitzerwelt zu werden? Ist es Wichtigtuerei? Ist es die auch sonst so beliebte Heuchelei von Betroffenheit? Ist es die Hoffnung, dass ein Bild des Kuscheltiers ins Fernsehen kommt und man damit stellvertretend endlich seine 15 Sekunden Ruhm abbekommt?

Wie gesagt, ich verstehe das nicht. Ich muss nicht mehr alles verstehen und will es auch gar nicht, aber in diesem Fall würde ich es schon gerne wissen.