Samstag, 13. September 2014

Es lebe das Chaos!

Die Älteren unter Ihnen werden sich vielleicht erinnern: Vor ein paar Monaten war ich im Porsche-Museum und hatte zum Thema Präsentation der Exponate zum Vergleich das Auto & Technik Museum Sinsheim herangezogen. Jetzt war ich dort mal wieder vor Ort, um nach dem Rechten zu sehen. Nicht, dass mich am Ende meine Erinnerungen von vor zehn oder eher noch mehr Jahren getrogen hatten.

Nein, hatten sie nicht. Das ist nach wie vor ein sehr schönes Museum. Eine gigantische Sammlung von Technik mit einem Schwerpunkt auf Auto. Hier kann man mühelos mehrere Stunden verbringen und trotzdem immer noch was Neues entdecken. Aber nicht nur Autos in allen möglichen Erscheinungsformen werden gezeigt, sondern auch Motorräder und Lokomotiven und Flugzeuge und Hubschrauber und, und, und sowie mechanische Musikinstrumente; viele von letzteren gegen den Einwurf eines Geldstücks sogar betriebsbereit, was auf Dauer etwas nervtötend sein kann.

Bei der Vielfalt ist für jeden Technikinteressierten was dabei, wobei sich natürlich nicht jeder für alles gleichermaßen interessiert. Ich zum Beispiel finde Landmaschinen und Militärgerät nur begrenzt faszinierend, aber interessant ist es allemal. Man kann sich ja aussuchen, wo man am meisten Zeit verbringt. Die Präsentation ist, anders als im Hause Porsche, sehr lebendig, sehr hemdsärmlig, manchmal sogar chaotisch. Immer aber liebevoll arrangiert mit viel Sinn fürs schmückende Detail, das im Zusammenhang (mehr oder weniger) mit dem Ausstellungsstück steht.

Die Sammlung ist zwar prinzipiell nach Themen sortiert, aber dann stehen halt doch mal ein Gruppe-C-Capri und ein IMSA-Audi in der Abteilung für American Dreamcars und nicht bei den Rennwagen, wo sie hingehören. Wo sie, wenn man älteren Bildern trauen darf, auch schon mal standen. Manchmal hat man das Gefühl, die Dinge stehen willenlos da, wo noch Platz war. Und Flugzeuge hängen eigentlich überall von der Decke, wo auch immer man ist. Mal abgesehen vom Freigelände. Dort stehen sie auf Stelzen.

Die beiden Highlights der Ausstellung kommen dann auch aus der Abteilung Flugzeuge: die Concorde und das sowjetische Äquivalent, die Tupolev TU-144. Beide nebeneinander aufgestellt, beide begehbar, beide aufgestellt in einem Winkel, der die Besichtigung nicht einfacher macht. Und beide nichts für Klaustrophobiker.

Allzuviel Anspruch an die wissenschaftliche Korrektheit sollte man vielleicht nicht haben. Es mag ein Ausrutscher sein, aber der als F7 ausgewiesene Fittipaldi ist eindeutig ein F8. Und ganz offensichtlich handelt es sich um ein gelb umlackiertes, ehemals weißes Fahrzeug aus dem Jahr 1981 oder 1982 (ich meine, bei einem meiner früheren Besuche ein solches Exemplar in der Sammlung gesehen zu haben); jedenfalls ist die Frontscheibe blau wie bei den in den Jahren 81 und 82 eingesetzten F8, während sie im Jahr 1980 noch grün war. Und der Fahrer war laut erklärendem Schild Keke Rosberg, während das Exponat die Startnummer 20 trägt, und das war die Nummer von Emerson Fittipaldi persönlich. Aber das ist jetzt kleinlich, und ich habe mir sogar eine belehrende besserwisserische E-Mail an das Museum verkniffen. Auf der anderen Seite, bei den meisten anderen Ausstellungsstücken kann ich die Korrektheit des erklärenden Schriebs nicht beurteilen, es kann also noch viel mehr verkehrt sein.

Schade finde ich allerdings, dass bei den Rennwagen eine gewisse Fluktuation zu herrschen scheint. Viele Autos, die auf früheren Bildern noch zu sehen sind, die sogar im offiziellen Führer noch zu sehen sind, kann man nicht mehr besichtigen. Dafür sind andere dazugekommen. Eine Ergänzung statt ein Austausch wäre klar vorzuziehen, um dem Motorsport etwas mehr Raum zu geben. Andere mögen das anders sehen, aber was interessiert mich die Meinung von anderen?

Wo wir schon mal beim Nörgeln sind: Einige der Rennwagen sind an der Wand montiert, was zweifellos sehr dramatisch wirkt, aber das Besichtigen nicht gerade einfacher macht. Das kann man mal machen, z. B. beim Copersucar F5A, der im Eingang einer Halle hängt, aber das sollte damit dann auch reichen. Einige der Autos, die jetzt an der Wand hängen, standen früher auch korrekt auf dem Boden, wie man Bildern entnehmen kann. Und, nebenbei bemerkt, das Schnellrestaurant auf dem Gelände verbindet unambitionierte Küche mit nicht ganz so unambitionierten Preisen, das ginge vielleicht auch eine Idee besser. Aber eigentlich nörgele ich hier nur aus Freude am Nörgeln, die positiven Eindrücke überwiegen bei weitem.

Zur Erbauung der mehr visuell interessierten Leser hier noch ein paar Bilder:

















Das Cockpit der Tupolev
Das Cockpit der Concorde
Hiermit endet die Trilogie 2014 zu Motorthemen. Porsche-Museum im Mai, Oldtimer-Grand-Prix im August, Sinsheim im September. In diesem Jahr werde ich das Haus bestimmt nicht mehr verlassen.