Mittwoch, 3. März 2010

Ironie, Irooft, Iroimmer

Es war einmal vor langer Zeit, da war Deutschland, abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen, eine homogen humorarme Zone. Ganz besonders in der Spielart Ironie. Gern schaute man zwar zum Beispiel über den Kanal und lobte den sogenannten englischen Humor unter besonderer Berücksichtigung des englischen Talents zur Selbstironie, aber hierzulande? No fun please, we're German! Jawoll, deutsch sein hieß vor allem, bleischwer ernst und ernstzunehmen zu sein.

Grauenvolle Zeiten. Oder vielleicht doch nicht sooo sehr? Nichts gegen eine entspannt unernste Leichtigkeit des Daseins. Aber der Deutsche quält sich seit einigen Jahren und immer mehr mit einer dermaßen urteutonischen Gründlichkeit so sehr damit ab, diese Ernsthaftigkeit abzuschütteln, dass es fast schon wehtut.

Deutsche Ironie also. Vielen dient sie als Ausrede, um beispielsweise kitschige Schlager hören zu können, die offen zu mögen man sich nicht dürfen traut. Andere stellen zum Beweis der eigenen Nichtspießigkeit Gartenzwerge auf, hahaha, gerne in ironisch-obszönen Posen oder, hahahahaha, nicht weniger ironisch, mit einem Messer im Rücken. Geht es spießiger, geht es verkrampfter?

Schlimmer ist aber die ganz alltägliche Ironie. Nichts und niemand ist im Prinzip auch nur ansatzweise ernst gemeint. Witzigkeit und Ironie sind so weit verbreitet wie Korruption in afrikanischen Ländern. Egal, was ich sage, ich kann mich jederzeit davon distanzieren und das Gegenteil behaupten. Kein Satz mehr ohne integrierte Rückruderoption. Meinungen und Aussagen haben eine noch viel geringere Lebenserwartung als russische Menschenrechtler. Hey, sei kein Langweiler, war doch ein Spaß, war doch ironisch gemeint! Wie praktisch. Kann bitte mal wieder jemand was sagen, das ernst gemeint ist und auf das man sich verlassen kann!?!

Was jetzt diese Entrüstung auf dieser Seite verloren hat, die doch angeblich garaniert sinnfrei ist? Hm … war möglicherweise ironisch gemeint.