Das Jim Clark Revival kannte ich noch nicht, aber ich hatte es schon lange auf dem Radar. Wie das halt so ist, man nimmt sich was vor und findet dann doch immer eine faulheitsmaskierende Ausrede, es nicht zu tun. Eine überzeugende Ausrede wäre mir natürlich auch in diesem Jahr eingefallen, aber eine Karte verfallen lassen … das geht dann doch nicht. Daher verließ ich also an einem Samstag im April noch vor dem Aufstehen nicht nur mein Bett, sondern sogar meine Wohnung, um nach Hockenheim zu fahren.
Die heroische Selbstüberwindung hat sich definitiv gelohnt. Wenn man so wie ich historischen Motorsport liebt, fühlt man sich beim Jim Clark Revival wie ein Kind im Süßigkeitenladen, wie ein neugeborenes Lamm auf der Frühlingswiese. Überall wird geschraubt und montiert und poliert, dass es eine rechte Freude ist. Die Luft ist gesättigt mit erlesenen Motorengeräuschen sowie dem Odeur von verbranntem Benzin, Öl und Gummi. (Okay, das Bild mit der Frühlingswiese ist vielleicht eine Idee daneben.) Man kommt fast überall hin, ins Fahrerlager, in die Boxen, in die Boxengasse, kein Zelt ist völlig versperrt. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hingehen und hinsehen soll. Klickklickklick macht die fleißige Kamera im Handy, oder sie würde es machen, wenn ich das Geräusch nicht längst ausgeschaltet hätte. Es ist einfach herzerwärmend, die vielen Rennwagen zu bestaunen und sich auf eine Zeitreise in vergangene Jahrzehnte zu begeben. (Nennen Sie mich ruhig einen alten Sack, der früheren Zeiten hinterhertrauert, aber damals sahen die Rennwagen einfach besser aus. Isso. Darüber müssen Sie keine Diskussion mit mir anfangen.)
Wenn man die Autos genug aus der Nähe bewundert hat, kann man sich auf eine der Tribünen begeben und die Rennen bzw. Demonstrationsfahrten verfolgen. Ja, mit den wertvollen Stücken, die man eben noch in zerlegtem Zustand fotografiert hat, werden richtige Rennen gefahren. Natürlich nicht ganz so kompromisslos wie bei einem „normalen“ Rennen, aber es geht ordentlich zur Sache. Nicht jedes Fahrzeug übersteht die Rennen ohne zerkratzten Lack oder verbeultes Blech. Von Ausfällen durch technische Defekte ganz zu schweigen. Die Autos sind nun mal nicht mehr die allerjüngsten.
Wie schneidet das Jim Clark Revival im Vergleich zum AvD-Oldtimer-Grand-Prix am Nürburgring ab? Einige der Rennen gibt es bei beiden Events, viele der Autos waren alte Bekannte. Insgesamt ist das Revival die deutlich kleinere Veranstaltung, und am Nürburgring sind einige Programmpunkte wie die FIA Masters Historic Formula One Championship zweifellos spektakulärer. Seit seinen Anfängen ist der Oldtimer-GP immer populärer und in jeder Hinsicht größer geworden, aber genau das ist für mich der klare Vorteil des Jim Clark Revival: deutlich weniger Zuschauer, keine übertriebene Kommerzialisierung, keine aufdringliche Megaselbstdarstellung der diversen Automarken, es ist alles viel entspannter, man kann sogar kostenlos parken. Und am Hockenheimring ist das Wetter traditionell deutlich besser als am Nürburgring. Gut, dass ich mich nicht für eine der beiden Veranstaltungen entscheiden muss. Die Entscheidung bei der Bildauswahl war schon schwierig genug: