Sonntag, 17. Dezember 2017

Ästhetik

Vor einigen Jahren hatte ich hier über meine schleichende Entfremdung von der Formel 1 geklagt. Punkt 1 war die Ästhetik. Viel von dem, was da steht, hat sich seitdem gebessert, andere Zumutungen sind noch immer aktuell. Die Spur ist mittlerweile breiter, die Heckflügel ebenfalls, die Reifen fetter, die Nasen nicht mehr ganz so hässlich. Aber das ausufernde aerodynamische Gedöns für die Luftführung und die absurden Frontflügel gibt es noch immer. Die heutigen Vorderreifen finde ich zu wuchtig. Nächstes Jahr kommt dann noch der unfassbar hässliche, Halo genannte Kopfschutz dazu, dessen Nutzen umstritten ist, bei dem es aber vermutlich auch gar nicht darauf ankommt, die Gesundheit der Fahrer zu schützen, sondern eher darum, Herrn FIA-Präsident Todt die Bühne für etwas Aktionismus zu bieten. Die Formel 1 ist also optisch nach wie vor nicht so der Renner. Leider gibt es keine WM-Punkte für Schönheit. Form follows Speed, da sind die Damen und Herren aus der Design-Abteilung wenig kompromissbereit. Da hilft auch kein wiederholtes Klagen. Noch nicht mal, wenn es von mir kommt.

Aber, um endlich mal positiv zu denken und nicht nur zu nörgeln – welche Formel-1-Fahrzeuge waren denn die besten, wenn nicht Rennerfolge der Maßstab sind, sondern nur die Optik? Das ist natürlich Geschmacksache, der eine mag dies, der andere mag das, noch andere mögen jenes, und das ultimative Design gibt es sowieso nicht. Aber Zurückhaltung und schlichte Eleganz, ohne dabei in Langeweile abzugleiten, sind für mich entscheidende Faktoren. Eine Spur Dramatik darf sein, aber wirklich nur in Maßen. Und man muss die Geschwindigkeit schon spüren, wenn der Wagen noch steht. Wichtig für Daumen rauf oder Daumen runter ist natürlich auch die Lackierung. So gefällt mir der Lotus 72 in JPS-Farben mehr als die Gold-Leaf-Version der Jahre 1970/1971 und viel mehr als die privat eingesetzten Versionen in Rob-Walker-, Lucky-Strike- oder Team-Gunston-Farben.

Exklusiv für Sie habe ich hier meine persönliche Hitparade aller jemals gebauten Formel-1-Fahrzeuge zusammengestellt. Die Liste ist rein zeitlich sortiert und sonst nix. Innerhalb der Top Ten eine urteilende Reihenfolge zu definieren, hätte mich endgültig überfordert. Es war so schon schwierig genug; diverse Autos wie den March 881, den Arrows A3 und den Ligier JS11 hatte ich schon auf die Liste gesetzt und dann wieder gestrichen, weil mir ein würdigeres Modell einfiel oder beim Blättern in Bilderbüchern in Erinnerung gerufen wurde. Die einzige Einschränkung war, dass ich nicht mehrere Modelle von einem Team in die Top Ten aufnehmen wollte. Sonst wäre es sehr lotuslastig geworden.

Meine Liste erhebt selbstverständlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, denn Geschmack ist, siehe oben, eine durch und durch individuelle Angelegenheit. Auf den Ferrari 156 und den Lotus 72 können sich die Freunde des guten Rennwagen-Designs vermutlich immer einigen; das sind Ikonen des Motorsports. Aber warum steht der McLaren MP4 auf der Liste und nicht der legendäre McLaren M23? Tja, so genau weiß ich es auch nicht. Morgen sähe meine Liste vielleicht schon wieder anders aus. Aber jetzt genug der ermüdenden Vorrede, Tusch, aufheulende Motoren, hier die glücklichen Gewinner:

Mercedes-Benz W 196 Stromlinie (1954/1955)
Ferrari 156 Sharknose (1961/1962)
Eagle Mk1 aka T1G (1966–1968, vor allem 67)
Lotus 72 (1970–1975, vor allem 72/73)
Brabham BT44B (1975)
Hesketh 308B (1975)
Shadow DN5 (1975)
Fittipaldi F6 (1979)
McLaren MP4/MP4B (1981/1982)
Jordan 191 (1991)

Der Brabham BT44B, der auf jeden Fall auf die Liste gehört. (Oldtimer-GP 2014)

Der McLaren M23, der fast auf der Liste gelandet wäre. (Oldtimer-GP 2014)

Der Ligier JS 11, der vorübergehend auf der Liste stand. (Oldtimer-GP 2014)