Dienstag, 10. August 2010

Als mir Twitter mal wieder ganz furchtbar auf die Nerven gegangen ist

Twitter ist ja im Prinzip eine feine Sache. Manchmal macht es Spaß, manchmal ist es doof, aber letztlich ist es sehr unterhaltsam und hat sogar Suchtpotential. Es gibt aber Momente, da ist es einfach nicht mehr satisfaktionsfähig. In der letzten Zeit gab es diese Momente mehrfach.

Das erste Mal war ekelhaft. Stichwort Duisburg, Love Parade. Ich will hier nicht darüber philosophieren, wer woran warum schuld war bzw. warum ganz offenbar niemand schuld war; darüber sollen klügere und informiertere Menschen urteilen. Es geht darum, wie auch Twitter zum Medium der Hexenjagd auf Duisburgs OB wurde. Offenbar braucht der Pöbel bei solchen Katastrophen einen Sündenbock. Schnell und denkfaul hatte man sich auf den OB geeinigt. Die Timeline bei Twitter war voll von Tiraden, die den Rücktritt forderten. Die selbstgefällige Vorverurteilung durch Twitterer, die ansonsten durchaus gut und witzig schreiben (bei Retweets weiß ich das natürlich nicht), war bemerkenswert. Das hatte was von übelster Lynchjustiz, das erinnerte in seiner Primitivität schwer an mittelalterliche Bräuche. Hexenjagd eben. Fast begann ich zu verstehen, wie eine aufgehetzte Meute zu noch viel schlimmerem manipuliert werden kann. Wie gesagt: ekelhaft.

Das zweite Mal war vergleichsweise harmlos, aber genauso bezeichnend. Da hatte in Münster ein Praktikant für seine Zeitung einen Artikel geschrieben über Chaoten, die unter anderem einen Blumenkübel vor einem Altenwohnheim zerstört hatten. Sachschaden Blumenkübel etwa 150 Euro. Natürlich im Prinzip eher eine Sommerlochmeldung, eine Beschäftigung für den Praktikanten, aber es muss auch erst mal bezahlt werden, und für die Betroffenen bedeutet es Ärger und Arbeit. Für den gewöhnlichen Twitterer ist es aber offenbar nicht der Rede wert und vergleichbar mit dem Sack Reis, der in China umfällt. Irgendein Twitterer griff die Meldung aus dem Internet auf, und innerhalb kurzer Zeit ergoss sich ein Tsunami der Häme über die Meldung. Eitle Hochnäsigkeit und Arroganz in Reinkultur. Ich wage zu bezweifeln, dass der Sinn für Witzischkeit so reflexartig funktioniert hätte, wenn man selber betroffen wäre und für den Schaden hätte aufkommen müssen.

Liebe Leute, man kann auch einfach mal die Klappe halten.