Mittwoch, 24. Januar 2018

Petition

„Guten Tag, würden Sie vielleicht unsere Petition unterschreiben?“
„Worum geht es denn?“
„Gegen die Überfischung der Meere. Wussten Sie, dass auch der Thunfisch vom Aussterben bedroht ist?“
„Ja, natürlich. Umweltschutz ist mir überhaupt sehr wichtig. Ich wähle die Grünen und lasse bei kurzen Wegen auch schon mal meinen SUV stehen.“
„Aha. Ja, also, danke dann für Ihre Unterschrift.“
„Kein Thema. Sagen Sie, können Sie mir sagen, wo man in der Gegend hier das billigste Sushi bekommt?“

Donnerstag, 18. Januar 2018

Die Niere

Es war kurz vor ein Uhr nachts. Der Abend mit Freunden hatte länger gedauert als geplant. Wie meistens war ich zu Fuß unterwegs. Wenn möglich, lasse ich das Auto stehen. Auch ohne Alkohol. Ich befand mich nicht mehr weit von meinem Haus entfernt, als zwei uniformierte Herren auf mich zukamen. „Guten Morgen, Organspenderpolizei, Ihren Organspenderausweis bitte.“
Beide zeigten mir ihrerseits unaufgefordert sehr offiziell aussehende Dokumente, aber ich war skeptisch. „Wie bitte? Ich habe keinen Organspenderausweis. Und seit wann muss man die vorzeigen?“
„Das ist jetzt leider ganz schlecht für Sie. Seit Mitternacht ist ein Gesetz in Kraft, das die Organspende neu regelt. Wer keinen Organspenderausweis vorweisen kann, darf ab sofort jederzeit und ohne Einwilligung auch für eine Lebendspende herangezogen werden.“
Mir wurde leicht schwindlig. „Davon hätte ich gehört.“
„Man kann nicht alles mitkriegen. Es werden auch keine Organe entnommen, die man zum Überleben braucht. Vermute ich jedenfalls. Wie auch immer, man benötigt dringend Nieren. Keine Angst, Sie müssen sich nur von einer trennen. Bitte kommen Sie mit.“
Mir wurde richtig schwindlig und auch übel. „Das können Sie nicht … wer ist eigentlich ‚man‘ … und überhaupt, woher wissen Sie, dass ausgerechnet meine Nieren für den Empfänger geeignet sind?“ Ich wäre wohl besser weggerannt, statt zu diskutieren, aber mir waren Kraft und Geistesgegenwart restlos abhandengekommen.
Die Herren packten mich resolut an beiden Armen. Widerstand schien sinnlos. „Es gibt so viele mögliche Empfänger, die verzweifelt auf eine Niere warten, da wird Ihre schon irgendwo passen. Und jetzt kommen Sie bitte. Wenn Sie möchten, können Sie im Krankenhaus nach der Operation ein Telefongespräch führen.“

Das Klingeln des Telefons weckte mich. Nein, es war die Haustürklingel. Ich war schweißgebadet. Warum wacht man bei schönen Träumen ausnahmslos sofort auf, aber bei Albträumen gibt es nie ein schnelles Entrinnen? Egal, ich hatte es überstanden. In diesem Moment, als der Traum noch so frisch in meinem Hirn rumgeisterte, spürte ich irrationalerweise Dankbarkeit für meinen Organspenderausweis und die Tatsache, dass ich sogar offiziell in der Organspenderdatei registriert war. Eine Entscheidung, über die ich seinerzeit lange nachgedacht hatte. 
Als ich meine Haustür öffnete, sah ich zwei uniformierte Herren mit Dienstausweisen in der Hand. „Guten Morgen, wir kommen von der Organspenderpolizei. Sie sind ja als potentieller Organspender registriert …“
Jetzt war ich sogar noch dankbarer. Sogar glücklich. Vor lauter Euphorie unterbrach ich den Organspenderpolizisten, der das Wort an mich gerichtet hatte. „Ja, das bin ich, und zwar aus voller Überzeugung.“
„Sehr gut. Wie Sie vielleicht wissen, ist seit Mitternacht ein Gesetz in Kraft, das die Organspende neu regelt. Wer als Organspender registriert ist, darf ab sofort jederzeit und ohne Einwilligung auch für eine Lebendspende herangezogen werden. Bitte kommen Sie mit.“

Sonntag, 14. Januar 2018

Mein Name ist Harvey …

Wenn ich im Internet einkaufe, lasse ich die Produkte nach Möglichkeit eine Weile im Warenkorb liegen in der Hoffnung, dass sie irgendwann preiswerter werden. Manchmal funktioniert das, manchmal funktioniert das nicht. Diese schlaue Taktik geht natürlich nicht bei Dingen, die ich sofort benötige. Das ist aber nur relativ selten der Fall.

Auch Harvey kauft gerne im Internet ein, wobei er sich meistens auf imaginäres Katzenfutter beschränkt. (Ich habe immer ausreichend davon im Haus, was Harvey nie zugeben würde. Er ruft schon beim Tierschutzverein an, wenn ich den zehntletzten Großkarton öffne, und beklagt sich, dass er in Kürze verhungern wird.) Allerdings würde er trotz aller Vorräte niemals abwarten, bis sein geliebtes Katz-Gourmet auch mal im Sonderangebot zu haben ist. Zack, Ware in den Warenkorb, zack, auf Bestellen geklickt, so einfach ist das bei ihm. Aber er muss es ja auch nicht bezahlen, das läuft selbstverständlich alles über meine Kreditkarte.

Und, Sie ahnen es, er beschränkt sich bei seinen Shopping-Aktivitäten nie auf ein paar wenige Kartons. Das läuft dann eher unter dem Motto „Mein Name ist Harvey, ich kaufe hier ein“. Es kann nie zu viel Katz-Gourmet im Haus sein. Was bin ich froh, dass es nur imaginäres Katzenfutter ist. Ansonsten hätte ich schon längst keinen Platz mehr in meiner Wohnung.

Donnerstag, 11. Januar 2018

Harvey und der Frühling

EIN DRAMA IN DREI AKTEN

Akt 1
Harvey fragt, wann endlich Frühling ist. Möglicherweise haben ihm die zur Zeit annehmbaren Temperaturen Hoffnung gemacht. Ich traue mich nicht, ihm ehrlich zu antworten.

Akt 2
Harvey sagt, dass er die Nachbarn fragt, wenn ich ihm nicht antworte. Die werden schön gucken, wenn ein imaginärer Kater bei ihnen klingelt.

Akt 3
Harvey ist zurück. Nachdem die Nachbarn sich von ihrer Überraschung erholt hatten, haben sie ehrlich geantwortet. Harvey mag die Nachbarn jetzt nicht mehr.

Mittwoch, 10. Januar 2018

Harvey und Kunststücke

Wer ein Haustier besitzt, wird oft der Versuchung nicht widerstehen können, ihm das eine oder andere Kunststück beizubringen. Das gilt auch für imaginäre Haustiere wie meinen Kater Harvey.

Allerdings hat Harvey den Spieß umgedreht und darauf bestanden, dass er mir Kunststücke beibringt. Zuerst mochte ich nicht so recht, zumal das die Hierarchie in Frage stellt, aber ich wollte auch kein Spielverderber oder Prinzipienreiter sein.

Harvey hat mir Dominosteine zugeworfen, die ich dann mit dem Mund auffangen musste. Wir waren dank konsequentem Training relativ schnell relativ erfolgreich. Und da wir das beide lustig fanden, hatten wir nicht den Ehrgeiz, noch andere Kunststücke zu trainieren.

Mittlerweile sind die Dominosteine aus, man kann auch kaum noch welche kaufen. Da mir gestern ein Hosenknopf abgegangen ist, einfach so, ist das vielleicht auch ganz gut so.

Leider weigert Harvey sich, den Hosenknopf anzunähen, obwohl er letztlich dafür verantwortlich ist. Ich wünschte, ich hätte mehr Durchsetzungsvermögen.

Dienstag, 9. Januar 2018

Was im Dezember geschah

• „Da haben Sie sich einen sehr hässlichen Pullover ausgesucht, aber …“ „Endlich mal ein ehrlicher Verkäufer, das weiß ich zu schätzen.“ „… ich finde, der passt hervorragend zu Ihnen.“
• „Sie haben da eine Lücke von mehreren Jahren in Ihrem Lebenslauf.“ „Da war ich kurz vor Weihnachten auf der Post.“
• „Ich bin der ruhende Pol in unserer Beziehung.“ „Du liegst den ganzen Tag faul auf dem Sofa.“ „RUHENDER POL!“
• Köpfe sind rund, damit sie besser rollen können.
• Schweigen, aber mit Dialekt.