Montag, 14. Juli 2014

Sojasau


Es lässt sich nicht leugnen: In den letzten Jahren wird man immer seltener als Schrat oder (harmloser) Spinner betrachtet, wenn man sich vegetarisch ernährt. Natürlich wird es immer die Vollpfosten geben, die vor einem prahlen, wie viele Schnitzel sie wieder während einer einzigen Mahlzeit gegessen haben, weil sie es total lustig finden, einen damit aufzuziehen. Hahaha. Und es wird auch immer die Deppen geben, die es total lustig finden, einen in Diskussionen nach dem Motto „aber die Tomate lebt ja auch“ oder „du isst den armen Tieren das Futter weg“ zu verwickeln. Hahaha. Aber auch diese Trolle werden weniger, und vegetarische und sogar vegane Ernährung findet immer mehr Anhänger. Die Bücher von Jonathan Safran Foer und Karen Duve haben da sicherlich geholfen oder einen sowieso bestehenden Trend verstärkt.

Was aber nicht nachgelassen hat, ist das Unverständnis für Fleisch- bzw. Wurstersatz vor allem aus Soja. „Wenn du den Fleischgeschmack magst, warum isst du dann nicht gleich echtes Fleisch?“ So oder ähnlich kräht es einem aus vielen Mündern auch ansonsten intelligenter Menschen entgegen. Zugegeben, man kann einiges gegen Sojaschnitzel etc. vorbringen. Mit natürlicher Ernährung hat das Gemisch aus Soja und diversen (nach heutigem Stand des Wissens allerdings keinesfalls ungesunden) Füll- und Bindestoffen wenig zu tun. Und so hundertprozentig nach Fleisch schmeckt es tatsächlich nicht. Aber es soll ja Menschen geben, die gerne Fleisch gegessen haben und das als Vegetarier vermissen. Das sind dann meistens diejenigen, die nicht aus gesundheitlichen Gründen auf Fleisch verzichten, sondern die aus Gründen des „leben und leben lassen“ konvertiert sind. Ist es da nicht nachvollziehbar, dass man sich eine Art Ersatzbefriedigung sucht, selbst wenn die nicht komplett befriedigend ist?

Also, Ihr Fleischesser, die Antwort ist ganz einfach. Wer ein Sojaschnitzel isst, hat Lust auf Fleisch, verzichtet aber trotzdem darauf und begnügt sich mit dem Ersatzprodukt, weil er es nicht hinnehmen mag, dass für seinen Genuss Tiere gequält und getötet werden. Für viele Karnivoren ist dieser Gedanke an ethisches Handeln offenbar unvorstellbar. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral – das war von Brecht natürlich anders gemeint, aber hier passt es auch. In meinen weit über 30 Jahren als Vegetarier habe ich nie versucht, jemanden zu missionieren. Man sehe mir aber nach, dass ich diese Ignoranz nur schwer erträglich finde und immer wieder den Wunsch verspüre, solche Nichtversteher mit Sojaprodukten aller Art zwangszufüttern wie eine französische Gans. Vielleicht finden sie auf diesem Weg ja doch Gefallen daran.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Was kürzlich geschah

• Sollten Sie das Fingerfood suchen, das befindet sich auf dem Haptisch.
• „Guten Tag, ist das hier die Selbsthilfegruppe für Untentschlossene?“ „Ja und nein.“
• In der Urlaubszeit finden Koffer reisenden Absatz.
• „Der Wasserhahn tropft.“ „Wir achten hier auf gendersensible Sprache und sagen Wasserhuhn/hahn.“
• Seit Slow Food so in Mode ist, ist die weltweite Schildkrötenpopulation drastisch zurückgegangen.
• „Sie haben Ihren Mann ermordet, weil er das Bett schlampig bezogen hat?“ „Ja.“ „Wundert mich nicht. Die meisten Morde sind Beziehungstaten.“
• „Ich lasse mein Telefon zuhause nie einstauben, damit Besucher denken, ich würde oft angerufen.“ „DU HAST BESUCHER?“
• „Sind Sie hier der einzige, der zum Pöbel gehört?“ „Ja, ich habe mir eine Monoprollstellung erarbeitet.“
• „Was ist das denn? Hier ist ein Karton mit lauter Füßen.“ „Ach, das wird das Feetback vom Kunden sein.“
• Wäre ich bei der Bundeswehr, würde ich zur Infantilerie gehören.
• Morgens Müsli, abends Schnaps – ich habe zu jeder Tageszeit eine andere Kornkompetenz.
• Wer ständig Nachsicht übt, wird das Nachsehen haben.
• „Warum ist der Kollege so ruhig?“ „Der hatte einen schlimmen Einraster.“
• „Das Bier ist nicht frisch, es fehlt der Schaum. Ich mag den Wirt aber nicht kränken.“ „Sag es ihm durch die Blume.“
• „Magst du Eauberginen?“ „Nein, die sind mir zu wässrig.“
• In meinem nächsten Kleben werde ich ein Uhu.
• Diese quälende Angst, doch irgendwann mal eine Phobie zu entwickeln.

Dienstag, 8. Juli 2014

Was tun?

Jaja, meckern kann jeder. In meinem letzten Beitrag hatte ich ausführlichst darüber schwadroniert, warum sich die Formel 1 und ich in den letzten Jahren ein wenig auseinandergelebt hatten. Aber Herr Hallmackenreuter wäre nicht Herr Hallmackenreuter, wenn er nicht auch ein paar klugscheißerische und besserwisserische Hinweise zur Optimierung des Produktes Formel 1 absondern könnte. Hier also in willenloser Reihenfolge einige wertvolle Tipps. Ob Sie nun Teambesitzer, FIA oder Bernie Ecclestone sind, hier können Sie was lernen. Sie dürfen sich ohne Gebühr oder Quellenangabe bedienen.

1. Befreien Sie sich vom Gedanken, dass früher alles besser war. Auch früher gab es extrem fade Rennen. Es ist ein naiver Wunschtraum, dass jeder Grand Prix ein Knüller ist.
2. Schaffen Sie das DRS ab. Ein Überholmanöver mit DRS hat nicht den geringsten Wert und ist eine Pervertierung des Rennsports.
3. Legen Sie mehr Wert auf die echten Fans als auf die spektakelsuchenden Zuschauer aus der Spaßgesellschaft, die dem Sport sowieso nicht lange treu bleiben werden.
4. Schaffen Sie die Boxenstopps für Zwangsreifenwechsel ab. Im Gegenteil, Reifenwechsel gehören verboten. Ist ein Reifen defekt, darf er natürlich gewechselt werden, wobei die Standzeit des Autos, sagen wir, 20 Sekunden betragen muss. Müssen zwei oder mehr Reifen gewechselt werden, verlängert sich die Standzeit für jeden Reifen um die entsprechende Zeit.
5. Lassen Sie wieder andere Reifenhersteller zu; ein Konkurrenzkampf unter Herstellern hat noch nie geschadet.
6. Veranstalten Sie nur noch Rennen auf von mir goutierten Rennstrecken. Und hören Sie auf, an guten Rennstrecken rumzupfuschen.
7. Begrenzen Sie den Rennkalender auf 18 Rennen.
8. Reduzieren Sie die Hürden für neue Teams. Neue Teams haben der Formel 1 immer gutgetan. Wer nicht mithalten kann, wird sich eh irgendwann wieder zurückziehen. Es wäre zum Beispiel eine gute Idee, wenn ein neues Team in den ersten maximal drei Jahren einen Gebrauchtwagen eines anderen Teams einsetzen könnte, bis man in der Lage ist, selbst ein Chassis zu entwerfen und zu bauen.
9. Erlauben Sie den Einsatz von dritten Autos, auch für einzelne Rennen.
10. Erlauben Sie, dass die Autos eines Teams verschiedene Sponsoren haben dürfen.
11. Reduzieren Sie den Einsatz von Onboard-Kameras. Die werden maßlos überschätzt, oft sieht man von einem Kampf viel weniger als mit einer normalen Kamera.
12. Machen Sie das Reglement einfacher und für den schlichten, nicht so technikaffinen Fan nachvollziehbar. Und erlauben Sie mehr Freiheiten. Ein Spritlimit ist okay, aber es sollte jeder selbst rausfinden können, wie er das am besten einhält. Nur dann ist echter Erkenntnisgewinn möglich.
13. Kippen Sie die Schwachsinnsregel mit den doppelten Punkten fürs letzte Rennen. Kippen Sie diese Regel noch für dieses Jahr.
14. Formulieren Sie das Reglement so, dass hässliche Nasen verhindert werden. Hier ist ausnahmsweise eine präzise Vorgabe gestattet. Vielleicht wäre sogar eine Style Police sinnvoll, die jedes Auto abnehmen muss und Monstrositäten aller Art verbieten dürfte. Ich stehe dafür zur Verfügung, bitte, gern geschehen.
15. Machen Sie die Spur der Autos breiter, die Hinterreifen breiter, die Heckflügel breiter.
16. Führen Sie schlichte Einheits-Frontflügel ein, die nur aus wenigen Elementen bestehen. Einheitskram ist mir eigentlich ein Graus, aber hier heiligt der Zweck die Mittel.
17. Schaffen Sie die ultrabreiten asphaltierten Auslaufzonen ab. Dann hat auch das Gezänk ein Ende, wer jetzt wieder zuviel Strecke in Anspruch genommen hat. Dann hätte ein Fahrfehler auch wieder Konsequenzen.
18. Bestrafen Sie nicht länger jeden Fahrfehler. Ja, bei idiotischen Wiederholungstätern muss man erzieherisch aktiv werden, aber meistens sind es schlichte Rennunfälle, wie sie immer passieren werden. Hier scheint bereits ein Umdenken eingesetzt zu haben, hoffentlich bleibt es dabei.
19. Verzichten Sie auf Firlefanz wie künstliches Funkensprühen. Das schadet zwar dem Sport nicht, ist aber lächerlich.
20. Erlauben Sie den Fahrern wieder absolute Redefreiheit. Dieses alberne PR-Geblubber, weichgespült und nichtssagend, ist absolut entbehrlich. Es ist kein Wunder, dass echte Typen wie Mark Webber so sehr vermisst werden. Selbst der einst so erfrischend daherredende Nico Rosberg wurde wohl in die Mercedes-Benz-Schule geschickt. Schade.

Wenn meine Ratschläge alle berücksichtigt werden, würde ich der Formel 1 auch in Zukunft erhalten bleiben. Es muss ja nicht alles auf einmal umgesetzt werden.

Mittwoch, 2. Juli 2014

Die Formel 1 und ich. Die Geschichte einer schleichenden Entfremdung.

Wenn es etwas gibt, das mich fast mein ganzes Leben lang begleitet, dann ist es der Motorsport, primär, auch wegen der besseren medialen Verfügbarkeit, die Formel 1. Und wurde man früher mit Formel 1 im TV nicht gerade verwöhnt – meist gab es hierzulande nur den GP Deutschland als Übertragung, ansonsten nur winzige Zusammenfassungen in Sportschau etc. –, werden alle Rennen seit vielen Jahren live gezeigt. Erst Eurosport (unvergessen und sehr vermisst der Kommentar von John Watson), später dann RTL. Alles könnte also ganz prima sein, hätte meine Begeisterung nicht in den vergangenen Jahren peu à peu abgenommen. Ja, ich schalte den Fernseher immer noch ein, aber immer häufiger frage ich mich, warum überhaupt. Damit bin ich nicht der Einzige. Nicht immer ist genau zu ermitteln, wer Schuld an einem bestimmten Missstand ist. Die Teams, die FIA, Bernie Ecclestone, die Aerodynamik. Und wie so oft gibt es auch mehr als nur einen einzigen Grund für die allgemeine Unzufriedenheit. Hier eine Auswahl in willenloser Reihenfolge.

1. Die Ästhetik
Rennwagen haben gefälligst gut auszusehen. Von diesem altehrwürdigen Prinzip entfernt sich die Formel 1 seit Jahren immer mehr. Weil es die Regeln so wollen oder die Aerodynamik so diktiert. Es begann mit den hohen Nasen, an die ich mich nie gewöhnt habe. Dann kamen, von Max Mosley befohlen, die Rillenreifen (zum Glück mittlerweile Geschichte) und die schmalere Spur, die angeblich das Überholen erleichtern sollte, was natürlich ein Trugschluss war (leider noch nicht Geschichte). Dann kamen die überbreiten Frontflügel und schmalen Heckflügel, die den Autos ein arg unproportioniertes Aussehen gaben. Sie sollten das Überholen erleichtern (siehe oben), was natürlich ein Trugschluss war (siehe oben).
     Parallel wuchsen den Autos immer mehr Zusatzflügel und -flügelchen und Luftleitbleche (natürlich nicht aus Blech), die einfach grauenvoll aussehen. Am schlimmsten hat es die Frontflügel getroffen, die schlimme Augenschmerzen verursachen. Die letzte Perversität sind die Nasen der Generation 2014, die aus Gründen der Sicherheit wieder tiefer sein sollten. Da die Konstrukteure aber immer intelligenter sind als die Regelmacher, wurden die Nasen tiefer und blieben gleichzeitig hoch. Ja, es sieht genauso dämlich aus, wie es klingt. Es ist zum Heulen und Erbrechen. In welcher Reihenfolge auch immer. Bezüglich der hochtiefen Nasen wurde Besserung angekündigt, aber die Erfahrung zeigt, dass das Ergebnis eher schlimmer als besser aussehen wird. Lassen wir uns überraschen.

2. Die Rennstrecken
Einen nicht unerheblichen Einfluss auf ein gutes Autorennen hat die Rennstrecke, auf der das Rennen stattfindet. Manche Strecken-Layouts laden zum Überholen ein, andere verhindern es. Viel zu oft könnte man meinen, der Streckendesigner sei ein boshafter Sadist oder ein Feind des Motorsports. Auch wurde manche ehemals schöne Rennstrecke verhunzt, um fernsehfreundlicher zu werden. So hat man Silverstone entstellt und Hockenheim verstümmelt. Leider spielt die Qualität der Strecke keine Rolle bei der Zusammenstellung des Kalenders. Jetzt hat Raffzahn Bernie Ecclestone gedroht, Monza aus dem Kalender zu streichen. Eine der besten Strecken soll geopfert werden, weil sie zu wenig Geld in die Kassen von BE spült. Zum Thema Rennstrecken hatte ich mich aber bereits früher sehr ausführlich ausgelassen, insofern kann ich dieses Kapitel hier schon wieder beenden. Genießen Sie das, jetzt wird es wieder wortreich.

3. Die Regeln
War es das schlechte Gedächtnis der Fans oder ein Sieg der Spaßgesellschaft? Man wird es wohl nie erfahren. Jedenfalls war man sich irgendwann einig, dass in der Formel 1 viel zu wenig überholt würde und die Rennen total langweilig seien und man das nicht mehr sehen könne und früher überhaupt alles viel, viel besser gewesen sei. Natürlich hat sich niemand die Mühe gemacht, mal auf DVD Rennen von früher anzusehen. Das ist sehr lehrreich, merkt man doch sehr schnell, dass auch früher viele Rennen sehr langweilig waren und eher Prozessionen glichen. Wie dem auch sei, aufgeschreckt durch nölende Fans wird jetzt mit künstlichem Schnickschnack versucht, die Rennen aufzupeppen.
     Da sind zuerst die vorgeschriebenen Boxenstopps zum Reifenwechseln zu nennen, wobei man pro Rennen immer beide angebotenen Gummimischungen verwenden muss, ob das nun sinnvoll ist oder nicht. Die besondere Pointe dabei ist, dass die weichere Mischung oft sehr schnell abbaut (jetzt nicht mehr ganz so extrem, das war schon mal schlimmer) und sich der Fahrer dann nicht mehr gegen das Überholtwerden wehren kann. Aber was soll's, Hauptsache, ein Überholmanöver mehr. Und natürlich sind die Boxenstopps auch wichtig fürs TV – egal, was gerade auf der Strecke los ist, wenn ein Wagen zum Reifenwechsel in die Boxen kommt, schaltet die Regie reflexartig dahin. Reifenwechsel waren schon immer Teil des Motorsports, aber immer nur, wenn es sein musste. Jetzt ist es Zirkus.
     Vielleicht noch eine Idee alberner als die doofen Reifen und Reifenwechsel ist das sogenannte DRS, was für Drag Reduction System steht. Hat der Hinterherfahrende in einem definierten Streckenbereich maximal eine Sekunde Rückstand auf den Vorfahrenden, darf er einfach seinen Heckflügel flacher stellen und so den Luftwiderstand reduzieren. Meist reicht das für ein bequemes Vorbeirauschen. Das ein solches Überholmanöver nicht den geringsten sportlichen Wert hat, spielt dabei nicht die geringste Rolle. Hauptsache, es ist was los auf der Strecke. Der gelegentlich einschaltende Pseudofan mag ein solches billiges Spektakel goutieren, der echte Fan aber wendet sich mit Grausen. Überholen muss schwierig sein. Denn es ist nun mal das Beherrschen der hohen Kunst des Überholens, der die sehr guten Fahrer von den guten trennt.
     Weil das alles aber noch nicht absurd und hanebüchen und lächerlich genug sei, wird es jetzt im letzten Rennen doppelte Punkte geben. Man kann doppelte Punkte bei einem besonderen Rennen verstehen, zum Beispiel für Le Mans in der WEC oder für die Indy 500, das sind längere Rennen, das sind Klassiker. Aber nur, weil es das letzte Rennen ist? Das ist grotesk. Immerhin versucht keiner von den Deppen, die sich das ausgedacht haben, das mit echten Argumenten zu verteidigen. Die Saison soll so lange wie möglich spannend bleiben. Trotz der verheerenden Resonanz, die dieser Vorschlag überwiegend erzeugt hat, bleibt es wenigstens für dieses Jahr dabei. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass den Produzenten der Formel 1 der ernstzunehmende Zuschauer am Allerwertesten vorbeigeht, wäre er spätestens hier erbracht.
     Möglicherweise war man aber der Meinung, dass man dafür gar nicht genug Beweise bringen könne. Denn man war nicht faul und hat sich die nächste hanebüchene Regeländerung ausgedacht. Ab dem kommenden Jahr wird es nach einer Safety-Car-Phase einen stehenden Start geben, also wie nach einem Rennabbruch. Warum man dann noch ein Safety Car braucht, verstehe ich zwar nicht, aber man muss ja nicht alles verstehen. Jedenfalls kann man den spannendsten Teil des Rennens nach Belieben vervielfältigen. Bestimmt werden sich zukünftig noch mehr Gründe für ein Safety Car finden. Man könnte verzweifeln.
     Und dann ist da noch die unglaubliche Komplexität vieler Regeln, die der nicht ganz so technikaffine Fan nicht mehr nachvollziehen kann. Wenn ein Fahrer disqualifiziert wird, weil sein Wagen nicht während des Rennens insgesamt, sondern nur phasenweise zu viel Benzin verbraucht hat, bleibt nur noch Kopfschütteln. All das nur wegen eines pseudogrünen Anstrichs.

Ich habe den Eindruck, gerade bei den verzweifelt und überstürzt wirkenden Regeländerungen in Richtung billigem Spektakel liegt ein tragisches Missverständnis vor. Vielleicht liegt die sinkende Zahl der Zuschauer – vor Ort oder vor dem TV – ja gar nicht an der Qualität des Produktes Motorsport als solchem. Vielleicht liegt es daran, dass der Motorsportzuschauer heutzutage viel mehr Möglichkeiten für seine Freizeitplanung hat. Alleine das Internet frisst immer mehr Zeit. Die Jüngeren entwickeln andere Interessen als die Älteren, das ist ganz normal. All das wird ignoriert. Ganz offenbar versucht man verzweifelt, mit immer krawalligeren Ideen neue Zuschauer aus dem Kreis der Spaßgesellschaft zu keilen, merkt dabei aber nicht, wie man die echten Fans immer mehr vergrault. Das kann nicht gutgehen, das ist fast schon ein Teufelskreis. Zuschauer wandern ab, eine absurde Idee soll neue Fans gewinnen, was nicht funktioniert, stattdessen wandern noch mehr ehemals treue Zuschauer ab, weil sie den Irrwitz nicht mehr ertragen, worauf die FIA mit einer noch absurderen Idee kontert, worauf dann … nun ja.

Wie lange ich mir den Schwachsinn Formel 1 noch antun werde? Ich kann es nicht sagen. Endlos aber mit Sicherheit nicht. Und es gibt anderen Motorsport, der noch Spaß macht. Wenn sich also die Wege der Formel 1 und mir trennen, werden wir beide nicht allzulange traurig sein.